Im Kampf gegen Wettbewerbsverzerrung fordert die Bundesregierung, dass die EU Zölle besonders für billige Waren einführt. »Wir müssen faire Wettbewerbsbedingungen sicherstellen und damit auch Arbeitsplätze schützen. Wer ordentliche Löhne bezahlt und die Regeln einhält, darf am Ende nicht der Dumme sein«, sagte Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) am Rande eines Treffens mit seinen EU-Amtskollegen in Luxemburg.
Bei dem Finanzministertreffen an diesem Freitag soll unter anderem über eine Reform der Zollunion beraten werden. Mit dieser will Brüssel unter anderem bislang zollfreie, günstige Waren abgabepflichtig machen. Berlin wolle bei den Beratungen sehr deutlich machen, dass über »Ramsch-Produkte« aus China, Dumpingpreise und Überkapazitäten gesprochen werden müsse. »Solche Handelspraktiken schaden Deutschland, sie schaden Unternehmen in Deutschland und sie schaden Unternehmen in Europa.«
EU-Kommission für Reformen
Vor rund zwei Jahren hatte die EU-Kommission eine entsprechende Reform vorgeschlagen. Ihrem Willen nach sollen zahlreiche Waren unter 150 Euro zollpflichtig werden. Bislang muss kein Zoll gezahlt werden, wenn der Warenwert unter diesem Grenzwert liegt – Ausnahmen gibt es laut Kommission nur wenige – etwa für Tabak oder Parfüm. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Händler – unabhängig von ihrem Standort – vergleichbare Wettbewerbsbedingungen vorfinden.
Mit der Reform soll auch sichergestellt werden, dass Online-Shoppingportale wie Amazon oder Etsy Verantwortung dafür tragen, dass die Zölle und die Mehrwertsteuer beim Kauf gezahlt werden. Onlinehandel habe in den vergangenen Jahren zu einem exponentiellen Anstieg von Lieferungen kleiner Warenpakete mit geringem Wert in die EU geführt.
Kürzlich war außerdem bekannt geworden, dass die Kommission angesichts einer rasant steigenden Zahl von Paketen aus Drittstaaten eine Pauschalabgabe von bis zu zwei Euro auf entsprechende Bestellungen erwägt. Laut EU-Kommission waren 2024 täglich rund zwölf Millionen Pakete in der EU angekommen – deutlich mehr als in den beiden Vorjahren. Von der Abgabe dürften auch E-Commerce-Giganten wie Temu und Shein betroffen sein.
Temu ist ein Online-Marktplatz, auf dem zahlreiche Unternehmen verschiedene Waren verkaufen. Das chinesische Unternehmen ist seit Frühjahr 2023 in Deutschland aktiv und sorgt immer wieder mit Minipreisen und hohen Rabatten für Aufsehen. Produkte werden häufig direkt vom Hersteller zum Kunden geliefert.
Der in China gegründete und heute in Singapur ansässige Modekonzern Shein ist sowohl Hersteller, Händler als auch Marktplatz. Als Direktanbieter kann er Handelsexperten zufolge schnell auf Modetrends reagieren. Shein versendet seine Produkte weltweit und verzichtet auf Filialen und größere Lager.