Das Auto fährt mit Benzin, die Heizung verbrennt Erdgas, die Kokerei der Industrie braucht Kohle – doch heimische Rohstoffvorkommen sind überschaubar, deshalb muss Deutschland im Ausland zukaufen. Fossile Energie hat die gesamte Volkswirtschaft im vergangenen Jahr etwa 69 Milliarden Euro gekostet. So viel Geld zahlte Deutschland für die Importe von Erdöl, Gas und Kohle unter dem Strich, wenn man Ausfuhren ins benachbarte Ausland abzieht. Das geht aus dem Jahresbericht der Arbeitsgemeinschaft (AG) Energiebilanzen hervor. Zur Einordnung: 69 Milliarden Euro entsprechen etwa 1,6 Prozent der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung im vorigen Jahr.
Die gute Nachricht ist: Die Kosten waren damit um 12,4 Milliarden Euro niedriger als im Vorjahr – und sogar um 66 Milliarden Euro niedriger als im Energiekrisenjahr 2022, als vor allem der Gaspreis Rekordhöhen erreicht hatte. »Im Vergleich zu den Jahren vor dem Ukrainekrieg ist das Preisniveau für Energieimporte jedoch immer noch deutlich erhöht«, teilt die AG Energiebilanzen mit.
Großlieferant Norwegen
Ein Grund für den jüngsten Rückgang: Der gesamte Energiebedarf Deutschlands ist 2024 leicht gesunken; der Bericht verweist unter anderem auf das vergleichsweise milde Wetter während der Heizsaison sowie auf die schwache Konjunktur. Vor allem aber konnte die Republik Erdgas im Schnitt gut 17 Prozent günstiger importieren als noch 2023. Die Einfuhrpreise für Steinkohle gingen ebenfalls um knapp 17 Prozent zurück, für Erdöl um gut zwei Prozent.
Ein pikantes Detail des Berichts: Dass Deutschland in den vergangenen beiden Jahren einen Teil seines Strombedarfs durch einen Importüberschuss aus dem Ausland deckte, hatte viel öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Allerdings waren die Kosten der Stromeinfuhren mit etwa zwei Milliarden Euro im vergangenen Jahr viel geringer als die Ausgaben für Erdöl, Gas und Kohle aus dem Ausland. Strom importierte die Bundesrepublik 2024 vor allem aus Frankreich, Dänemark und Norwegen.
Insgesamt deckte Deutschland seinen Energiebedarf – also auch für Verkehr, Gebäude und Industrie – 2024 zu gut 36 Prozent mit Erdöl, zu knapp 26 Prozent mit Erdgas und zu 20 Prozent mit erneuerbaren Energien, berichtet die AG Energiebilanzen. Braun- und Steinkohle trugen zusammengerechnet 15 Prozent bei. Im Vergleich zum Vorjahr sind damit Erdgas und die Erneuerbaren wichtiger für die Versorgung der Bundesrepublik geworden; der Anteil von Erdöl ging leicht, der Kohleanteil deutlich zurück. Hier machte sich der Ausbau der Stromerzeugung aus Wind und Sonne bemerkbar.
Deutschlands Erdöleinfuhren stammten im vergangenen Jahr unverändert vor allem aus Norwegen, den USA und Kasachstan. Erdgas importierte die Bundesrepublik ebenfalls zu einem großen Teil aus Norwegen sowie in Form von Flüssigerdgas (LNG) aus den USA; ein signifikanter Teil der deutschen Erdgaseinfuhren kam zudem aus Nachbarstaaten wie den Niederlanden, die ebenfalls über Terminals zum Import von LNG verfügen. Deutschlands Steinkohle-Einfuhren stammten vor allem aus Australien, den USA und Kolumbien.
Tankschiff mit Flüssigerdgas neben dem schwimmenden LNG-Terminal in Wilhelmshaven: Hohe Importe aus den USA
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