Seit Jahren kämpfen chinesische Unternehmen weltweit mit harten Bandagen um Marktanteile. Doch das Überangebot wird zunehmend zum Problem. Nach Warnungen von Ökonomen wird nun auch innerhalb der kommunistischen Führung Kritik laut. Ein Beitrag der Parteizeitschrift »Qiushi« fordert offen ein Ende des für viele Unternehmen ruinösen Preiskampfes. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Als Beispiele werden demnach Branchen wie Photovoltaik, Lithiumbatterien, Elektrofahrzeuge und E-Commerce genannt.
Um die Kosten zu senken, heißt es weiter, gingen einige Unternehmen Kompromisse bei der Produktqualität ein. Das verhindere Innovationen und Investitionen in Forschung und Entwicklung, da »schlechtes Geld das gute Geld verdrängt«. Es schade zudem den Interessen der Verbraucher.
Kritik an lokalen Behörden
In der bisher vielleicht schärfsten Warnung vor den Risiken industrieller Überkapazitäten aus der Staatspartei heißt es, das Phänomen führe zu einer »enormen Verschwendung sozialer Ressourcen«. Auch drohe eine untragbare Verschuldung. Diese könne langfristig das Wachstum gefährden.
Die einflussreiche Zeitschrift übte auch eine in China sonst seltene Kritik an den lokalen Behörden. Sie warf ihnen sowohl »Abwesenheit als auch Übertreibung« vor. Die Behörden sollten sich stärker einmischen, da die Vorschriften nicht mit der wirtschaftlichen Entwicklung Schritt gehalten hätten. Auch die Vorkehrungen für Unternehmenspleiten seien »unvollkommen«. Sie verhinderten eine Eindämmung des Überangebots.
Weiter heißt es, einige lokale Regierungen lockten Investitionen an, indem sie mit Vorzugssteuern, Gebühren, Subventionen und Landnutzung sowie protektionistischen Maßnahmen »künstlich politische Oasen schaffen«.
Viele Ökonomen warnen die Regierung in Peking seit Jahren vor den Folgen des aktuellen Kurses. Das hohe Niveau an staatlich gelenkten Investitionen und die gedämpfte Inlandsnachfrage hätten inzwischen ein ähnliches Schulden- und Deflationsrisiko, wie es Japan in den Neunzigerjahren erlebte.
Das soziale Sicherheitsnetz im Land gilt als schwach, weshalb viele Chinesen möglichst viel Geld sparen und wenig konsumieren. Die schwache Binnennachfrage macht die Volksrepublik zudem von Exporten abhängig.
Trotz der Preiskämpfe sanken die Verbraucherpreise laut Experten zuletzt kaum. Im Mai gaben sie um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat nach.
Kritik auch aus Europa
Chinas aggressive Handelspolitik sorgt seit Langem im Ausland für Konflikte. Neben US-Präsident Donald Trump wird auch zunehmend Kritik vonseiten der EU laut. Vor einem Treffen mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi warnte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas vor den Folgen der aktuellen Wirtschaftspolitik.
Peking schade durch sein Handeln »europäischer Sicherheit und Arbeitsplätzen«. China führe zudem Cyberangriffe und greife »in unsere Demokratien ein«, so Kallas. Das Land sei zwar nicht Gegner der EU, »aber in Sicherheitsfragen stehen unsere Beziehungen zunehmend unter Druck«.