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Belgische Behörden nehmen Ermittlungen gegen Finanzriesen Worldline auf

Die »Dirty Payments«-Enthüllungen über dubiose Geschäfte des französischen Zahlungsdienstleisters Worldline werden zum Fall für die belgische Justiz. Wie die Staatsanwaltschaft Brüssel am Freitag mitteilte, leitete die Behörde Ermittlungen wegen Geldwäsche ein, in die das Unternehmen Worldline verwickelt sein könnte.

Hintergrund der Ermittlungen ist demnach die Berichterstattung der belgischen Medien »Le Soir«  und »De Standaard« , die wie der SPIEGEL Teil des internationalen Rechercheprojekts »Dirty Payments« sind.

Worldline soll Zahlungen für Unternehmen abgewickelt haben, die wohl in illegale Aktivitäten verstrickt waren. Dabei wurden offenbar die Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche nicht eingehalten. Die Untersuchung richte sich gegen die in Brüssel ansässige belgische Niederlassung, so die Ermittler.

»Dirty Payments« ist eine Recherche des SPIEGEL und 20 internationaler Medien, die von dem Netzwerk European Investigative Collaborations (EIC)  koordiniert wurde. Die Veröffentlichungen gewähren erstmals tiefe Einblicke in die fragwürdigen Geschäfte eines europäischen Finanzriesen.

Der französische Aktienkonzern Worldline und seine deutsche Tochter Payone  haben seit 2014 Transaktionen in Milliardenhöhe abgewickelt, die umstrittene Porno- und Datingseiten, Prostitution, Onlinekasinos und mutmaßlich Geldwäsche ermöglichten.

Auch in Schweden drohen Worldline Konsequenzen. Die dortige Finanzaufsichtsbehörde lud infolge der Presseveröffentlichungen den CEO von Worldline Schweden vor und schloss danach nicht aus, eine formelle Untersuchung einzuleiten.

Ein Sprecher sagte gegenüber der Tageszeitung »Dagens Nyheter« , die Behörde halte die Vorwürfe für schwerwiegend. In dem Gespräch mit dem Worldline-Manager sei es um den Umgang des Unternehmens mit Hochrisikokunden und Betrugsbekämpfung gegangen.

Kurssturz an der Pariser Börse

An der Pariser Börse stürzte der Aktienkurs am Mittwoch ab und schloss mit einem Minus von 38 Prozent. Am folgenden Tag konnte sich der Kurs zunächst leicht erholen, fiel aber am Freitagvormittag wieder.

Konzernintern herrscht große Nervosität, wie Firmeninsider berichten. Worldline-Chef Pierre-Antoine Vacheron richtete sich demnach am Mittwochmittag nach den ersten Berichten mit Durchhalteparolen an die Belegschaft. »Lassen Sie uns bei Gegenwind zusammenhalten, nicht polemisieren und professionell bleiben«, appellierte er in einer Rundnachricht und drückte sein Bedauern über die aktuelle Situation aus. Man habe in den vergangenen zwei Jahren schon viel verbessert und investiere kontinuierlich »in diese Angelegenheiten«.

Dass es wohl noch einiges zu tun gibt, zeigte eine weitere Nachricht von Vacheron an die Mitarbeiter tags darauf: »Wir werden die Geschäftsbeziehungen zu Händlern beenden, die unsere regulatorischen Erwartungen oder Standards nicht erfüllen«, schrieb der Chef demnach. Das sei »nicht verhandelbar«. Er verstehe, dass sich seine Angestellten aktuell frustriert und entmutigt fühlten. »Mir geht es ganz genauso.«

»Betrügerische Abonnements« und »Fake-Shops«

Die belgische Tochter von Worldline spielte in den vergangenen zehn Jahren eine wichtige Rolle in Geschäften mit sogenannten Hochrisikokunden des Konzerns. Den Recherchen zufolge wickelte sie Zahlungen für dubiose Kunden aus der Glücksspiel- und Pornobranche ab. Ebenfalls im Portfolio befanden sich Unternehmen, die der Aether-Gruppe zugeschrieben wurden, einer Firmengruppe aus Dubai , die offenbar weltweit Menschen um ihr Geld gebracht hat.

Payone, die deutsche Tochter von Worldline, steht schon länger im Fokus der Finanzaufsicht Bafin. Im August 2023 verhängte die Behörde Sanktionen gegen den Zahlungsdienstleister. Auf ihrer Website teilte die Bafin damals mit, es sei herausgekommen, dass Payone »gravierende Defizite bei der Einhaltung und Umsetzung der erforderlichen verstärkten Sorgfaltspflichten nach dem Geldwäschegesetz aufweist«. Die Internetseiten einiger Händler würden »unter anderem in Verbindung mit betrügerischen Abonnements, Phishing und Fake-Shops« stehen. Payone wurde untersagt, Transaktionen für bestimmte Hochrisikokunden auszuführen.

Sonderbeauftragter bei Payone

An Payone ist der Worldline-Konzern mit 60 Prozent beteiligt, 40 Prozent gehören dem Deutschen Sparkassenverlag. Im Januar wurde bekannt, dass ein Sonderbeauftragter darüber wacht, dass Payone die Mängel in der Geldwäscheprävention abarbeitet.

Payone teilte mit, »eine Reihe von Korrekturmaßnahmen« umgesetzt zu haben, darunter Mechanismen zur Verhinderung künftiger Geschäfte mit riskanten Klienten. »Dies geschah im Einklang mit den zunehmenden regulatorischen Anforderungen und in enger Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde.«

Dem SPIEGEL und seinen Partnern liegen die Namen Hunderter Firmen vor, von denen sich Payone wohl auf Druck der Bafin trennen musste. Der Worldline-Konzern tat es Payone gleich.

Auf Anfrage teilte er mit, insbesondere seit 2023 seinen Risikorahmen für Händlerdienste gestärkt und Verträge mit Händlern beendet zu haben, die diesen Rahmen nicht einhalten. Am Freitag hieß es, das Unternehmen werde mit den Ermittlern kooperieren.