Chinesische Autobauer sollen jahrelang Neuwagen als gebraucht deklariert haben und mit Preisabschlägen ins Ausland verkauft haben. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Sie beruft sich auf staatliche Dokumente und Interviews mit Branchenkennern.
Grund für dieses Vorgehen sei die Überproduktion in China. Nur durch die Fake-Gebrauchtwagenverkäufe hätten Hersteller ihr Wachstum aufrechterhalten können. Der Automarkt ist in China massiv staatlich subventioniert. »Dies ist das Ergebnis eines fast vierjährigen Preiskampfes, der die Unternehmen dazu gebracht hat, verzweifelt um jeden möglichen Umsatz zu kämpfen«, sagt Tu Le, der Gründer der Beratungsfirma Sino Auto Insights.
Russland, der nahe Osten und Zentralasien als Zielmärkte
Ein Berater des Verbands chinesischer Autohändler schätzt dem Bericht zufolge, dass 90 Prozent der 436.000 im vergangenen Jahr exportierten gebrauchten Pkw und Nutzfahrzeuge betroffen sind. Sie gingen vor allem nach Russland, in den Nahen Osten und nach Zentralasien. Die Volksrepublik habe 2024 insgesamt 6,41 Millionen Einheiten ausgeführt. Etwa sechs Prozent davon seien angebliche gebrauchte gewesen. Somit wurde der bisherige Spitzenreiter Japan das zweite Jahr in Folge auf Platz zwei verdrängt.
Bei den chinesischen Exporten soll es sich vor allem um Neuwagen mit Verbrennungsmotor handeln, die auf dem heimischen Markt kaum noch Abnehmer finden.
Vor einigen Tagen berichtete eine staatliche Zeitung, die als Sprachrohr der Regierung gilt, dass diese Methode den Preiskrieg in der Branche anheize und forderte schärfere Regulierungen. Laut Reuters deuten allerdings staatliche Unterlagen darauf hin, dass lokale Behörden die Ausfuhr der vermeintlichen Gebrauchtwagen fördern.
Demzufolge vergeben sie etwa zusätzliche Exportlizenzen, gewähren beschleunigte Steuergutschriften oder investieren in Infrastruktur. Mit diesen Maßnahmen versuchen die Lokalverwaltungen, die ambitionierten Wachstumsziele der Zentralregierung zu erreichen. Bei Misserfolg droht den verantwortlichen örtlichen Kadern eine Degradierung. Die zuständigen Provinzen und die Regierung in Peking seien laut Reuters für einen Kommentar nicht zu erreichen gewesen.
Die Dumpingpreise bei chinesischen Fahrzeugen haben in der Europäischen Union (EU) zu zahlreichen Debatten geführt. Die EU hat daher im vergangenen Jahr Strafzölle auf chinesische E-Autos erhoben.
Neuzulassungen in der EU steigen an
Währenddessen hat der Automarkt in der EU im Mai den zweiten Monat in Folge zugelegt. Die Neuzulassungen seien im Jahresvergleich um 1,6 Prozent auf 926.582 Pkw gestiegen, teilte der europäische Herstellerverband Acea mit. Somit beträgt der Rückgang nach einem schwachen Start zu Jahresbeginn für die ersten fünf Monate noch 0,6 Prozent. Für die Zuwächse waren hauptsächlich die Käufe von Elektroautos und Hybridfahrzeugen verantwortlich. Trotzdem verzeichnete der US-Elektroautokonzern Tesla weiteren deutlichen Rückgang.
Im Mai wurden demzufolge über 40 Prozent weniger Teslas zugelassen als ein Jahr zuvor. In den ersten fünf Monaten zusammen liegt der Rückgang bei dem Unternehmen des umstrittenen US-Milliardärs Elon Musk damit bei gut 45 Prozent.
Insgesamt kam es bei rein batterieelektrischen Autos in den ersten fünf Monaten zu einem Plus von etwa gut 26 Prozent. Die deutschen Autohersteller konnten sich im Mai ebenfalls über gestiegene Neuzulassungen freuen. Der Volkswagen-Konzern kam im Mai auf ein Plus von 4,8 Prozent auf knapp 263.800 Neuzulassungen, BMW legte um 8,1 Prozent auf gut 63.200 Wagen zu. Bei Mercedes-Benz lag der Zuwachs bei 3,9 Prozent auf gut 47.900 Autos.